saai | Archiv für Architektur und Ingenieurbau

Umbau und Erweiterung Fabrikanlage Total KG Foerstener & Co.
1938-1939

+78

Umbau und Erweiterung Fabrikanlage Total KG Foerstener & Co.

Vom Feuerlöscherhersteller Foerstner & Co. erhielt Egon Eiermann 1938 den Auftrag, ein bestehendes Fabrikationsgebäude in Apolda, Thüringen, umzubauen und zu erweitern. Der Architekt stellte seinen Auftraggeber in einem solch hohen Maß zufrieden, dass dieser ihn mit der Planung aller nachfolgenden Bauprojekte der Firma betraute.

Ausgangspunkt für Eiermanns Arbeit bildete das 1906/07 erbaute Fabrikationsgebäude. Die außen sichtbar belassene Skelettkonstruktion gliederte es in vier Geschosse und in neun nahezu gleichförmige Achsen. Diese Unterteilung setzte Eiermann bei seinem Anbau fort, gab ihm jedoch im Detail ein völlig neues Gepräge. So wurden die Fensterachsen der drei oberen Geschosse bis auf ein niedriges Brüstungsfeld völlig verglast, ein gläsernes Treppenhaus außen angefügt und, für die Fernwirkung besonders entscheidend, ein durch ein nacktes Stahlbetonskelett getragenes Flugdach auf das oberste Geschoss aufgesetzt.

Diese weithin sichtbare Inszenierung modernen Bauens entsprach durchaus den Maßgaben und Vorstellungen des Nationalsozialismus von licht- und luftdurchfluteten Arbeitsstätten, die leistungssteigernd auf die Belegschaft wirken sollten. Welch hoher Stellenwert dem arbeitenden Mensch beigemessen wurde, zeigt der Umstand, dass nahezu das gesamte oberste Geschoss - üblicherweise der Chefetage vorbehalten - sozialen Funktionen diente: Es nahm Waschräume und eine Kantine auf, deren großer Essraum auch für Tanzveranstaltungen und Theateraufführungen genutzt werden konnte. Und in den Pausen erholte sich der Fabrikarbeiter auf dem mit Pflanzen begrünten Dachgarten, der durch Liegestühle und das weiße Geländer an ein Schiffsdeck erinnerte.

Arthur Mehlstäubler

"Egon Eiermann 1904-1970. Die Kontinuität der Moderne", Hrg. Annemarie Jaeggi, Hatje Cantz: Ostfildern-Ruit, 2004, S. 135