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Digitaler Katalog Egon Eiermann

Bauten Neckermann Versand KG
1958-1961, Entwurf Erweiterung 1964-1965

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Bauten Neckermann Versand KG

Erst 1950 in das Versandhausgeschäft eingestiegen, war es Josef Neckermann innerhalb weniger Jahre gelungen, seinen Betrieb zum umsatzstärksten seiner Art in Deutschland auszubauen. Das rasante Wachstum bedingte eine räumliche Erweiterung des Unternehmens, das sich auf neun verschiedene Standorte in und um Frankfurt verteilte. Nur eine großzügige Planung unter Zusammenfassung aller verstreuten Funktionen versprach eine Zukunft.

An die Vorgaben des betrieblichen Ablaufs gebunden, entwarf Egon Eiermann eine kompakte Anlage, deren Zentrum das gewaltige, 257 Meter lange Versand- und Bürohaus einnimmt. Ergänzung findet es durch das Heizkraftwerk, das Pförtnerhaus, Garagen, eine Tankstelle und den Verkaufspavillon für Angestellte. Bis zu 150 000 Bestellungen pro Tag mussten hier bearbeitet werden können, was einen schnellst möglichen innerbetrieblichen Transport und eine effektive Verwaltung bedingte. Eiermann löste diese schwierige Aufgabe, indem er die beiden Bürogeschosse auf die vier Stockwerke der Versandabwicklung setzte. Die Etagen des Versands blieben weitgehend ohne Zwischenwände, um einen ungehinderten Transport der Waren mit Hilfe von Gabelstaplern und Förderbändern zu ermöglichen.

Neben der Verwaltung nehmen die beiden oberen Geschosse auch die Sozialräume auf. Eine geräumige, mit einem teilverglasten Sheddach bedeckte Kantine öffnet sich zur Seite hin - wie auch nahezu alle Räume der Verwaltung mit einer verglasten Außenwand. Innenhöfe ermöglichen hier zudem eine weitgehende Versorgung mit Tageslicht. Mit dem Bau für Neckermann konnte Eiermann sein bereits vor dem Krieg deutlich erkennbares Bestreben, der Welt der Arbeit auch ein Stück Naturerlebnis beizufügen, einmal mehr realisieren.

Der transparente, Raum bildende Charakter des Inneren bestimmt auch die Außenansicht des Gebäudes: Jedes Stockwerk erhält einen das gesamte Bauwerk umkreisenden Umgang, der in seiner Addition die ausgeprägte Horizontale des Komplexes betont. Diese wird nur durch die diagonal angesetzten Außentreppen und vertikalen Festpunkte unterbrochen, die die Treppenhäuser, Fahrstühle und sanitären Anlagen aufnehmen.

Vom Zeitpunkt der Auftragserteilung an den Architekten bis zur Fertigstellung der Gesamtanlage vergingen lediglich zwei Jahre. Eine so kurze Zeitspanne war nur möglich durch strikte Organisation – die Baustelle war die damals größte in Europa – und äußerste Bauökonomie. So nutzte man die bei Betonbauten notwendige Einbringung von Dehnungsfugen zur Unterteilung in mehrere Bauabschnitte, damit verschiedene Baufirmen zeitgleich mit der Errichtung des Gebäudes beginnen konnten. Die gelungene Symbiose von technischer Funktion und subtiler Gestaltung zeichnet dafür verantwortlich, dass das Versandhaus Neckermann nach dem Deutschen Pavillon der Brüsseler Weltausstellung von 1958 der zweite Bau Eiermanns war, der hohe internationale Anerkennung fand.

Arthur Mehlstäubler

"Egon Eiermann 1904-1970. Die Kontinuität der Moderne", Hrg. Annemarie Jaeggi, Hatje Cantz: Ostfildern-Ruit, 2004, S. 183f.

Projektspezifische Angaben

Projekt Bauten Neckermann Versand KG
Beteiligte
  • Egon Eiermann und Robert Hilgers, Architekturbüro
Projektzeitraum 1958-1961, Entwurf Erweiterung 1964-1965

Objektspezifische Angaben

Typologie Verwaltungsgebäude, administration buildings; Lagergebäude, warehouses

Ortsspezifische Angaben

Land Deutschland
Ort Frankfurt am Main