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Digitaler Katalog Egon Eiermann

Kanzleigebäude Deutsche Botschaft
1958-1964

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Kanzleigebäude Deutsche Botschaft

Unmittelbar im Anschluss an den großen Erfolg des Deutschen Pavillons auf der Weltausstellung in Brüssel erhielt Egon Eiermann vom Bundesfinanzministerium die Anfrage, ob er nicht Interesse habe, die Kanzlei der Deutschen Botschaft in Washington zu bauen. Gedacht war zuerst an die Beauftragung der beiden großen deutschen Architekten in Amerika, Walter Gropius und Ludwig Mies van der Rohe, wobei Eiermann die Rolle des Planbearbeiters innerhalb des Teams zugefallen wäre. Diesen wenig praktikablen Vorschlag verstand er jedoch mit guten - persönlichen wie fachlichen - Argumenten erfolgreich abzuwenden.

Als Bauplatz stand ein 1954 im Washingtoner Diplomatenviertel von Georgetown erworbenes Hanggrundstück zur Verfügung, das durch je eine Straße im oberen und unteren Bereich begrenzt wird. Auf dem bergseitigen Plateau befand sich bereits ein um 1930 im Colonial Style errichtetes Landhaus, das als Residenz des deutschen Botschafters diente. Eiermann entwickelte verschiedene Varianten, die die Situation des ungünstig geschnittenen Geländes geschickt nutzen, indem sie von der Idee des Terrassenhauses ausgehen. Dabei wurde auch der Abriss des alten Wohnhauses und der Neubau der Residenz erwogen, die ebenfalls als eigenständiges kleineres Terrassenhaus ausgebildet werden sollte - eine vom Architekten favorisierte Lösung. Aus Kostengründen beschränkte man sich dann auf das 140 Arbeitsplätze umfassende Kanzleigebäude, das auf dem unteren Teil des Grundstücks errichtet wurde und sich senkrecht zwischen den beiden Straßen erstreckt. Dies brachte den Vorteil, Residenz und Bürogebäude getrennt erschließen zu können. Mit der geringen Breite von 15 Metern und der auf zwei sichtbare Stockwerke begrenzten Höhe der Stirnseiten ordnet sich der Bau dem Charakter des Landhausviertels ein.

Als Vorbild für den Typus des Terrassenhauses verwies Eiermann auf den »wunderbaren Entwurf« seines Lehrers Hans Poelzig für das »Haus der Freundschaft« in Konstantinopel (1916), aber auch auf die Treibhausterrassen von Schloss Sanssouci und die Hängenden Gärten der Semiramis, einem der sieben Weltwunder. Allen diesen Beispielen ist die Verbindung von Gebautem und Gewachsenem gemein - eine Synthese von Architektur und Natur. In Washington wurden Keramikschalen mit Kletterpflanzen auf den Umgängen und Terrassen verteilt, die dem Gebäude eine begrünte Außenhaut verleihen und wie die gewachsene Fortsetzung des Hanges wirken sollten. Die nüchterne Form der kubischen Baukörper gewinnt dadurch eine heitere Note.

Innen trägt die Möblierung nach Eiermanns Entwürfen, die aus Kostengründen auf die Eingangshalle, das Auditorium, den Konferenzraum und die Kantine beschränkt werden musste, zur Auflockerung der orthogonalen Strenge bei. Insbesondere die Wahl runder Formen - im Kreis aufgestellte Sitzgruppen, runde Teppiche und Beistelltische sowie der lebhafte Bodenbelag aus scheibenförmigen Keramikplättchen (»Eiermann-Taler«) - erzeugt in der Lobby eine gelöste Stimmung.

Annemarie Jaeggi

"Egon Eiermann 1904-1970. Die Kontinuität der Moderne", Hrg. Annemarie Jaeggi, Hatje Cantz: Ostfildern-Ruit, 2004, S. 187

Projektspezifische Angaben

Projekt Kanzleigebäude Deutsche Botschaft
Beteiligte
  • Egon Eiermann, Architektur
Projektzeitraum 1958-1964

Objektspezifische Angaben

Typologie Bürobauten Regierung, government office buildings

Ortsspezifische Angaben

Land Vereinigte Staaten von Amerika
Ort Washington, D.C.