saai | Archiv für Architektur und Ingenieurbau

Digitaler Katalog Egon Eiermann

Hauptverwaltung IBM Deutschland GmbH
1967-1972

test

Hauptverwaltung IBM Deutschland GmbH

Der internationale Technologiekonzern IBM plante Mitte der sechziger Jahre den Neubau eines modernen Verwaltungsgebäudes. Die bis dahin voneinander getrennt liegenden Abteilungen sollten in einer Hauptverwaltung auf dem firmeneigenen Werksgelände in Böblingen zusammengeführt werden. Für rund 1700 Beschäftigte wurden moderne Büroräume von hoher Wirtschaftlichkeit und Funktionalität benötigt.

Egon Eiermann erarbeitete eine Hochhaus- und eine Flachbaulösung, die er in einer vergleichenden Untersuchung als Planungsstudie Verwaltungsgebäude publizierte. Aufgrund der »Flexibilität der Anlage« und der niedrigen Baukosten entschied sich das Unternehmen für die Flachbaulösung, bei der alle geforderten Abteilungen in einem längsrechteckigen, viergeschossigen Baukörper mit zwei Innenhöfen untergebracht waren. Dagegen gab Eiermann dem projektierten Hängehochhaus, das in einem neuen Hubverfahren errichtet werden sollte, aufgrund der »Klarheit in der funktionellen Lösung« und der guten städtebaulichen Eingliederung den Vorzug.

Im Juli 1967 änderten sich die Voraussetzungen für die Planung grundlegend. Die IBM-Geschäftsleitung beschloss, den Standort Böblingen für die Produktions- und Entwicklungsstätten beizubehalten und die Verwaltung nach Stuttgart-Vaihingen zu verlagern. Das dortige, dicht bewaldete Grundstück liegt inselartig eingespannt zwischen Schnellstraßen, in unmittelbarer Nähe zur Autobahn Karlsruhe-München. Die veränderte Situation erforderte eine neue Planung, wobei die wirtschaftlichen und funktionellen Erkenntnisse aus der Studie für Böblingen übernommen werden konnten.

In über 40 Planungsvorstufen untersuchte Eiermann alle denkbaren Gebäudeformen. Schließlich wurde der Pavillontyp mit offenem Innenhof gewählt. Ein entscheidender Schritt in der Entwicklung des endgültigen Konzeptes war die Auflösung des längsrechteckigen Flachbaues zugunsten einzelner quadratischer Pavillonbauten. Die drei freistehenden, durch Übergänge gelenkartig miteinander verbundenen Gebäude konnten in lockerer Anordnung in die vorgegebene tropfenförmige Geländeform eingebunden werden und boten die gewünschte Erweiterungsmöglichkeit durch Hinzufügen von zwei weiteren Pavillons.

Die in Stahlskelettbauweise errichteten vier- beziehungsweise fünfgeschossigen Bauten folgen in der zweibündigen Anlage des Grundrisses mit Funktionsbüros an den Außenseiten und Einzelbüros zwischen den vier Erschließungskernen an den Innenseiten den Planungen für Böblingen. Von den Büropavillons deutlich unterschieden ist die zweistöckige längsrechteckige Cafeteria, die ebenfalls bereits in der Planungsstudie angelegt war.

Egon Eiermann bezeichnete die Konzeption als »günstig im Sinne der Ökonomie und richtig im Sinne der Architektur«. Die neue landschaftliche Situation trug zur Entscheidung für die Flachbebauung bei, die sich harmonisch in die Waldlandschaft und in die eigenwillige Grundstücksform einfügt. Pauschalisierende Konzepte lehnte Eiermann ab: Die Beantwortung der Frage, »ob Hoch- oder Flachbauten für ein Verwaltungsgebäude geeignet sind, ist von zu vielen Faktoren abhängig, als daß man sie eindeutig geben könnte«.

Durch die Architekten Kammerer + Belz, Kucher und Partner erfolgte 1983/84 in Anlehnung an Eiermanns Gesamtplanung der Neubau eines weiteren Pavillons - eine Bestätigung der zukunftsweisenden Planungsarbeit von Egon Eiermann.

Heidi Fischer

"Egon Eiermann 1904-1970. Die Kontinuität der Moderne", Hrg. Annemarie Jaeggi, Hatje Cantz: Ostfildern-Ruit, 2004, S. 207f.

Projektspezifische Angaben

Projekt Hauptverwaltung IBM Deutschland GmbH
Beteiligte
  • Egon Eiermann (bis 1970) und Architektengemeinschaft Heinz Kuhlmann, Imre Biró, László Biró, Hans-Peter-Wieland (ab 1970), Architektur
  • IBM Deutschland GmbH, Bauherr*in
Projektzeitraum 1967-1972

Objektspezifische Angaben

Typologie Verwaltungsgebäude, administration buildings

Ortsspezifische Angaben

Land Deutschland
Ort Stuttgart