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Digitaler Katalog Egon Eiermann

Verlagsgebäude Burda Moden
1953-1954, Erweiterung 1959-1960

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Verlagsgebäude Burda Moden

Das Bemerkenswerte dieses Bauwerks wird allein anhand einer Abbildung nicht deutlich: Unzählige solch schlichter Verwaltungsgebäude wurden in den sechziger Jahren errichtet. Doch Egon Eiermanns Verlagshaus für Burda Moden entstand bereits zu einem viel früheren Zeitpunkt und nahm somit eine allgemeine Entwicklung vorweg. Das Innovative des Gebäudes lag in seiner Konstruktion: Bei der Fassade handelt es sich nicht - wie oft in späteren Bauten - um einen Curtain Wall, sondern um ein tragendes System, das speziell für diesen Bau konzipiert wurde.

Eiermann bezog in die Bauplanung nicht nur Ingenieure, sondern auch die ortsansässige Stahlbaufirma Müller ein, die ihn später mit dem Entwurf ihres eigenen Verwaltungsgebäudes beauftragen sollte. Aus dieser engen Zusammenarbeit entstand der Burda-Bau gleichsam als ein experimentelles Projekt: Die Fassade setzt sich aus abgekanteten Stahlblechen für Stützen und Randunterzüge zusammen, die auf der Baustelle präzise zusammengeschweißt wurden. Nach dem Anstrich des tragenden Metallskeletts in hellblauer Farbe wurden weiß lackierte Holzfensterelemente angebracht. Die Brüstungsfelder sind, den jeweiligen Raumfunktionen entsprechend, in unterschiedlicher Höhe ausgebildet, sodass innerhalb der seriellen Reihung der Fassadenelemente eine subtile Rhythmisierung erreicht wird.

Während Eiermann in seinen Verwaltungsbauten sonst kaum Einfluss auf die Gestaltung der Interieurs hatte, konnte er dieses Gebäude nicht nur mit Stühlen nach eigenem Entwurf ausstatten, sondern auch Wandschränke, Regale und Tische beisteuern, darunter den Schreibtisch der Bauherrin Aenne Burda, die in den Verlagsräumen ihre Modekollektionen zeichnete und Muster schneidern ließ. Der Fußboden war mit Linoleum belegt. Größtmögliche Flexibilität in der Raumgliederung war durch die Verwendung leichter Trennwände gegeben, die, entsprechend den sich ändernden Raumansprüchen, im Achsraster von 1,70 Metern versetzt werden konnten. Das Niveau des technischen Ausbaus war nach Maßstäben der Nachkriegszeit ausgesprochen hoch: In den Brüstungsfeldern hatte man Telefon-und Stromanschlüsse und in den Decken eine Deckenstrahlungsheizung integriert.

Das innovative Moment dieses Baus erwies sich gleichzeitig auch als seine Schwachstelle. Die filigranen Hutprofile der Pendelstützen wurden mit Beton ausgegossen; dies nicht nur aus statischen Gründen, sondern auch als Korrosionsschutz. Rückblickend hat sich diese Lösung jedoch nicht bewährt. Da durch Korrosion infolge der dauernden Bewitterung der Schweißnähte letztendlich die Standfestigkeit der Fassade und damit auch das gesamte statische System gefährdet waren, erwog man schließlich, den Bau abzureißen. Die vorbildliche, detailgenaue Sanierung und Umnutzung zur IT-Zentrale der Burda-Holding Ende der neunziger Jahre durch das Architekturbüro Ingenhoven und Partner stellte jedoch unter Beweis, dass eine Erhaltung des Gebäudes und eine Anpassung an neue Ansprüche möglich ist, ohne die Originalsubstanz komplett auszutauschen.

Carsten Krohn

"Egon Eiermann 1904-1970. Die Kontinuität der Moderne", Hrg. Annemarie Jaeggi, Hatje Cantz: Ostfildern-Ruit, 2004, S. 165

Projektspezifische Angaben

Projekt Verlagsgebäude Burda Moden
Beteiligte
  • Egon Eiermann und Robert Hilgers, Architektur
Projektzeitraum 1953-1954, Erweiterung 1959-1960

Objektspezifische Angaben

Typologie Bürogebäude, office buildings

Ortsspezifische Angaben

Land Deutschland
Ort Offenburg